Feier zum 100-jährigen Geburtstag des Traditionsfestes verband mit schönen Ritualen
„Wenn wir uns nicht erinnern, vergeht unser Leben spurlos“. Diesen Satz eines klugen Mannes zitierte am Festabend am Samstag Wolfgang Müller, lange Jahre Vorsitzender des Einricher Heimatvereins.
In diesem Jahr kann der Katzenelnbogener Bartholomäusmarkt seinen 100-jährigen Geburtstag feiern. Das nahmen die Verantwortlichen des Einricher Heimatvereins zum Anlass, zu Jubiläumsfeierlichkeiten einzuladen. Ein Rundgang mit Gerhard Zorn, der seit geraumer Zeit zu Nachtwächterwanderungen einlädt und dabei historische Plätze in der Stadt wunderbar beschreibt, läutete die Feierlichkeiten ein. Dann folgte das „Kirmes ausgraben“. Die Menschen im Einrich lieben Traditionen. So ist es ein Ritual, am Bartholomäusmarktmontag die Kirmes auszugraben. Vielleicht ist das keine verständliche Reihenfolge, aber der Kerbevadder muss am Bartholomäusmarkt vor dem Heimatabend am Montag in den Besitz des Kirmeshutes und -tuches kommen. So muss die Kirmes zuvor ausgegraben werden. Heute am Einrichmuseum, seit seiner Entstehung ein Ort der Geschichte für Katzenelnbogen. So fand sich am Festtag am Samstag die Kirmesgesellschaft und unzählige Besucher an dem freien Platz, auf welchem im Grab die Kirmesutensilien ruhen, ein. Traditionsgegenstände, wie der Zylinder und das Kirmestuch liegen dort bis zum nächsten Jahr begraben. Und ein Blumenstrauß. Bartholomäusmarkt ist noch nicht, deshalb sollte am Samstag nur der Kirmesstrauß geborgen werden. Nachdem die „Bergung“ geglückt war, der Strauß feierlich der 1. Vorsitzenden des Einricher Heimatvereins, Nicole Hennemann, überreicht wurde, sprachen der vorjährige Kerbevadder Benedikt Stockenhofen und die Kirmesgesellschaft den Kerbespruch. Wie er lautet? „Wem is die Kerb – uss – wem isse – uss – und sie endet mit … un wenn die Stern‘ vom Himmel falle, die Flecker Kerb wird doch gehalle.“ Ganz wichtig in der Tradition: Der Schützenverein Ergeshausen sorgte bei dem Zeremoniell dafür, dass auch die Böllerschüsse nicht fehlten!
Traditionell folgte der Kirmestanz vor dem Einrichmuseum in der Stiftstraße der im vorigen Jahr wirklich großen Kirmesgesellschaft, bevor sie und die große Zahl der Zuschauer sich in Begleitung der Kapelle „Musigger“ auf den Weg zur großen Feier in die Stadthalle begaben.
Die Veranstaltung war gut beworben. Vor der Stadthalle war ebenfalls „ein bisschen“ Bartholomäusmarkt, Stände mit gebrannten Mandeln, Bratwurst und ein Kinderkarussell schufen ein wenig Marktflair. Dennoch waren die Veranstalter überrascht. An den Tischen längst besetzt, mussten immer noch Stühle hinzugerückt werden. Im Foyer und an der Bar standen die Menschen dicht gedrängt. „Damit hätten wir nicht gerechnet“, war die einhellige Aussage des Vorstandes des Einricher Heimatverein. Aber genau das wollten sie ja! Eine Akzeptanz und eine Bestätigung, dass der Katzenelnbogener Bartholomäusmarkt in den nächsten 100 Jahren weiter bestehen soll.
Nicole Hennemann begrüßte die Besucher – „ihr seid heute Abend alle unsere Ehrengäste“, sagte sie, sie hieß herzlich willkommen den Landtagsabgeordneten und Vizepräsidenten des rheinland-pfälzischen Landtags, Matthias Lammert, den Landtagsabgeordneten Manuel Liguori, Landrat Jörg Denninghoff den 1. Beigeordneten der Verbandsgemeinde Aar-Einrich, Marcel Willig, Bürgermeister Lars Denninghoff und Stadtbürgermeisterin Petra Popp und die Bürgermeister aus dem Einrich. Besonders freute sie sich darüber, die anwesenden Kerbeväter von 1924 bis 2024 begrüßen zu können. Tatsächlich gelang es nicht, zwei, die von 1956 und von 2008, ausfindig zu machen. Gerne nimmt der Heimatverein hierzu noch Informationen entgegen. Die beiden ältesten anwesenden Kerbeväter am Festabend waren Heinz Wagner, er war 1954 Kerbevadder, und Wilhelm Satony, er war 1958 Kerbevadder.
Einen kleinen Rückblick in die Geschichte von Katzenelnbogen führte sie zurück auf die Verleihung der Stadt- und Marktrechte im Jahr 1312. Die Stadt- und Marktrechte beinhalteten das Recht auf die Abhaltung eines Wochenmarktes am Montag – nichts anderes. Die Festsetzung der Markttage waren auf die landwirtschaftliche Abkömmlichkeit angepasst. Zu Bartholomä, dem 24. August, war in der Regel die Getreideernte beendet.
Als vor dem ersten Weltkrieg Katzenelnbogen im Jahr 1912 seine 600-Jahrfeier beging und Freunde der Einricher Heimatgeschichte in diesem Zusammenhang sich näher mit „der alten Zeit“ beschäftigten, stießen sie auch auf alte Bräuche. Sie wieder zu beleben, wurde erst nach dem ersten Weltkrieg möglich. Heimatverbundene Menschen setzten sich zusammen und schufen Anfang der zwanziger Jahre ein Konzept, das im Wesentlichen bis heute Bestand hat. 1924 konnte zum ersten Mal wieder ein Volksfest stattfinden. Hier wurde nicht nur gehandelt, sondern auch kräftig gefeiert. Die Kinder des Einrichs sahen vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben ein Karussell - mancher Besucher fand hier die Frau oder den Mann ihres Lebens – das ist bis heute so.
Besonderen Dank zollte Nicole Hennemann ihren Vorstandsmitgliedern, dem erweiterten Vorstand und den Menschen, die sie in ihrer Recherche und den Vorbereitungen des Festtages unterstützten. Hier erwähnte sie Gerhard Zorn. Seine Kenntnisse der Historie und seine Führung zu den alten Marktplätzen am Festtag bezeichnete sie als etwas ganz Besonderes. Die Beteiligung war groß, aber das Wetter nicht sehr schön.
Deshalb konnte ein weiterer Termin gefunden werden: Am Bartholomäusmarktsamstag, dem 17. August, wird die Führung um 16 Uhr wiederholt.
Besonders erwähnte sie die Schaustellerfamilie Wambold. Gerne gedachte sie der Zeltwirtfamilie Dieter Bremser.
Sie dankte „ihren Mädels“, die sich um Sektempfang, Kinderbelustigung oder „spontane“ Bedienung zur Verfügung stellten. Die Bewirtung hatten am Festabend die Kirmesburschen „anno dazumal“ übernommen. Ein besonderer Verkauf fand statt: Michael Fischer aus Ebertshausen brannte zum 100-jährigen Jubiläum des Bartholomäusmarktes zwei Liköre. Das Obst kommt aus der Region – in den Flecker Farben! Michael Fischer und seine Frau Angelika hatten die Idee, den roten Likör aus Erdbeeren und den gelben Likör aus Äpfeln und Holunderblüten zu brennen. Die Flaschen konnte man im Foyer käuflich erwerben und es gibt sie – mit passendem Likörglas - ab nächster Woche auch im REWE-Supermarkt zu kaufen! Sie machte aufmerksam auf die Bilderstrecke der vergangenen 100 Jahres des Bartholomäusmarktes am Festabend in der Stadthalle. Die Plakate werden in den nächsten Tagen in den Schaufenstern der Geschäfte in Klingelbach und Katzenelnbogen zu sehen sein.
Für die Zukunft wünschte sie sich, dass es weiter viele engagierte Menschen gibt, die den Bartholomäusmarkt aufrechterhalten und nicht müde werden, sich mit Verordnungen auseinanderzusetzen.
Die Grußworte der Ehrengäste beinhalteten ein Thema: Das Thema „Heimat“ und wie wichtig sie ist. Viel Beifall erhielt Jörg Bremser mit seinen Erinnerungen an 45 Jahre Festwirttätigkeit der Familie Bremser.
Ein schönes Rahmenprogramm war ebenfalls vorbereitet. Die Kindertanzgruppe des SV Allendorf-Berghausen unter der Leitung von Madelaine Popp gefiel dem Publikum außerordentlich. Ebenfalls die neue Gesangsgruppe „Älbocäts“ unter der Leitung von Clivia Christina und die Singgemeinschaft der Männer des Catzenelnbogener Gesangvereins und des MGV „Glückauf“ Allendorf.
Ganz wundervoll gestaltete sich das Ende des Festabends: Wie beim Heimatabend des Bartholomäusmarktes sangen auf der Bühne die anwesenden Kerbeväter der vergangenen 100 Jahre und die Gäste im Saal unter Anleitung von Bürgermeister Lars Denninghoff das Lied „Kein schöner Land“ – vielfach in den Festreden bekräftigt: „Es gibt kein schöner Land als die Einrichauen“.
Uschi Weidner